Geräuschempfindlichkeit

Im Rahmen meiner Dissertation erfolgte eine Untersuchung der Geräuschempfindlichkeit beim Hund am Beispiel des Bearded Collie.

Die Ergebnisse der Studie sind unten als pdf-Dokument abrufbar. Für den interessierten Hundehalter sind in den folgenden Abschnitten persönliche Erfahrung bezüglich dem Bearded Collie, der Geräuschempfindlichkeit und der Schilddrüsenunterfunktion zu finden. Diese konnten nicht statistisch erfasst werden und sind daher nicht im Dokument enthalten.

Persönliche Erfahrungen

Persönliche Erfahrungen zur Studie "Geräuschempfindlichkeit beim Hund am Beispiel des Bearded Collie. Ein Vergleich von Verhaltenstherapiemaßnahmen und Substitution mit Thyroxin.

Geräuschempfindlichkeit

Die Geräuschempfindlichkeit ist eine weit verbreitete Verhaltensauffälligkeit. Die Reaktionen beim Hund auf einen akustischen Stimulus gehen mit milden Angstäußerungen bis hin zu panikartigen Fluchtversuchen, die zu Selbstverstümmelung und Verletzungen führen können, einher. Die Verhaltensweisen der Tiere sind vielseitig, können jedoch grob in die vier typischen Konfliktverhaltensweisen eingeteilt werden: dem Offensivangriff (engl. Fight), der Flucht (engl. Flight), dem Erstarren (engl. Freeze) und der Ersatzhandlung mit beschwichtigender Wirkung (engl. Flirt). Die Lösungsmethode hängt von der jeweiligen Situation und den Erfahrungen des Tieres ab. Bei den vorgestellten Hunden bemerkten die Halter beispielsweise, dass die Hunde nach Betätigung des Toasters das Zimmer für drei Wochen nicht mehr betraten (= Flight). Ein anderer Hund verfiel in eine Art Starre beim Türenschlagen im Nachbarshaus. Für ca. 2 Stunden starrte er die entsprechende Wand zum Nachbarshaus an und zeigte keinerlei Reaktionen auf Zusprache (= Freeze). Angriffe (= Fight) wurden in Zusammenhang mit Suchen und Stellen von Geräuschquellen oder Verbellen von anonymen Knall- und Zischgeräuschen wie beispielsweise bei Feuerwerkskörpern, Autotüren in der Ferne oder dem Betätigen eines Wassersprudlers im Haushalt beobachtet. Wenige andere Bearded Collies zeigten eine intensive Annäherung an den Besitzer und wichen diesem nicht mehr von der Seite (= Flirt).

Ist die Angstreaktion auf Geräuschstimuli nicht durch Schmerzempfinden, sondern nur durch eine Verknüpfung mit stark negativen Emotionen verbunden, nennt man dies in der Humanmedizin Phonophobie. Der geräuschempfindliche Hund ist in diesem Sinne phonophobisch. Dadurch sind die intensiven und plötzlichen Reaktionen der Hunde für den Besitzer unvorhersehbar und besonders schwierig zu kontrollieren. Kommt es zu einer Generalisierung der Geräuschangst, d.h. nicht nur der ursprüngliche Problemreiz, sondern auch ähnliche andere Geräuschreize lösen die Angstreaktion aus, dann verschlechtert sich die Geräuschempfindlichkeit im Alter. In anderen schwerwiegenden Fällen kommt es bei wiederholter Reizexposition an bestimmten Orten durch die Geräuschangst zu einer Agoraphobie, einer Angst vor bestimmten Plätzen oder Wegen und Flächen. Auch lernen die Tiere bestimmte Schlüsselreize als Vorankündigung für Angstsituationen und es entwickelt sich eine Angst vor der Angst (= Phobophobie). Ein Tannenbaum, der zeitnah zu Weihnachten aufgestellt wird, kann in diesem Fall bereits eine Angst vor der Silvesterangst auslösen.



Erste Anzeichen der Geräuschempfindlichkeit ...

Erste Verhaltensveränderungen sind um den Zeitpunkt der Sexualreife zu sehen. Unter Zunahme der Sexualhormone kommt es zu einer Verbesserung oder Verschlechterung des Verhaltens. Die meisten Hundehalter bemerken hierbei eine Verschlechterung, die sich im Laufe der Individualentwicklung weiter steigert. Die Hunde werden zunehmend schreckhaft, zittern, hecheln und speicheln sehr stark, andere Bearded Collies hingegen setzen nur dezent Nasensekret ab oder zeigen minimale Beschwichtigungsgesten wie beispielsweise Bogenlaufen.


Klassiche und kreative Zufluchtsorte

Die Hunde haben Präferenzen bei der Auswahl ihrer Zufluchtsorte. Diese befinden sich in einem Haushalt beispielsweise im Keller, im Bad in der Duschwanne, in der Badewanne oder unter Sanitäreinrichtungen wie der Toilette oder dem Waschbecken, hinter PC-Tischen, Stereoanlagen und Polstermöbeln, unter Tischen und Dunstabzugshauben, hinter dem Herd sowie in Spül- oder Waschmaschinen. Draußen suchen die Hunde den Weg nach Hause oder zum Auto. Wenige Hunde suchen Büsche oder den Besitzer auf.




Klinische Symptome der Studienteilnehmer

Neben der Geräuschempfindlichkeit zeigten die Bearded Collies der Studie vereinzelt klinische Symptomen wie beispielsweise eine verdickte Haut, Talgdrüsen, Ohrentzündungen, Apathie und Hyperaktivität oder regelmäßigen Durchfall und Erbrechen, aber auch Kachexie oder Adipositas. In der Untersuchung der Geräuschreaktionen fiel v.a. die generell niedrige Herzfrequenz mit durchschnittlich 60 Schlägen/Minute auf.

Im Verlauf der Studie veränderten sich die beobachteten, klinischen Symptome. Interessant war ein Bearded Collie, der mit 15,9kg durch eine Medikation mit Thyroxin über 3kg zunahm. Ansonsten nahmen fettleibige Hunde klassisch ab und die Bildung von Talgdrüsen in der Unterhaut ging bei allen Betroffenen unter der Medikation zurück. Regelmäßiger Durchfall und Erbrechen wurden seltener.




Diagnosestellung

Die untersuchten Bearded Collies wurden alle als geräuschauffällig im Alltag vorgestellt und zeigten im Versuch unterschiedlich starke Reaktionen auf Geräuschstimuli.

Die Blutuntersuchung ergab bei allen Hunde erniedrigte fT3-Werte, bei den meisten Bearded Collies waren zudem die T4-Werte erniedrigt oder im unteren Drittel. Über die Hälfte der Hunde hatte nachweislich eine Beteiligung von Antikörper, der Wert für Cholesterol lag tendenziell an der oberen Referenzgrenze.

Die Diagnose Geräuschempfindlich wurde bei negativen Reaktionen auf akustische Reize von CD gestellt. Werte der Schilddrüsenparameter T3, T4, fT3, fT4, die im unteren Drittel des Referenzbereiches lagen und die mit manifesten Verhaltensauffälligkeiten einhergingen wurden als Schilddrüsendysfunktion bezeichnet.


Dosierung von Levothyroxin

Die Medikation der Studienhunde erfolgte nicht klassisch nach Gewicht, sondern nach Verhaltensveränderung, d.h. das Medikament wurde in drei Tagesschritten bis zur Wohlfühldosierung erhöht. Dabei erhielten die Besitzer die Aufgabe Verhaltensveränderungen sowie klinische Symptome kritisch zu beobachten.

Analog der Ergebnisse anderer Studien mit verhaltensauffälligen Hunden verbesserten sich mehr als die Hälfte der Bearded Collies im Verhalten gegenüber Geräuschstimuli bei einer Substitution mit Thyroxin, einige blieben gleich, wenige verschlechterten sich.

Interessant war, dass Hunde mit gleichem Geschlecht und gleicher Gewichtsklasse unterschiedliche Dosierungen benötigten. Ein Rüde verbesserte sich unter nur 50 g, ein anderer benötigte bis zu 600 g, beide Tiere wogen ca. 24kg.

Wichtig: Eine Medikation ersetzt nie die Maßnahmen einer Verhaltenstherapie. Bei Verdacht auf eine Verhaltensauffälligkeit mit Beteiligung einer Schilddrüsendysfunktion sollte ein verhaltenstherapeutisch tätiger Tierarzt vor einer Medikation zunächst erste Therapiemaßnahmen anwenden. Bleiben die Hunde therapieresistent und haben wiederholt fragliche Schilddrüsenparameter, sollte insbesondere beim Bearded Collie an eine begleitende Medikation gedacht werden.

Zu beachten gilt es jedoch, dass es Rassen gibt, die physiologisch niedrige Schilddrüsenparameter haben. Auch können schlechte Haltungsbedingungen und unangemessene Erziehungsmaßnahmen sowie andere Erkrankungen oder andere Ursachen für chronischen Stress zu einer erniedrigten Schilddrüsenhormonproduktion führen. Aufgrund der massiven Reaktionen der Studienteilnehmer scheint der Bearded Collie keine physiologisch niedrige Schilddrüsenparameter zu haben, auch waren alle Studienteilnehmer in Haltungsbedingungen und bezüglich Erziehungsmaßnahmen unauffällig.



Nachweis von Antikörpern

Im jugendlichen Alter scheinen die Auswirkungen von Antikörpern gegen Thyreoglobulin auf das Verhalten zu beginnen. Meist treten massive Stimmungsschwankungen auf und die Tiere reagieren für den Besitzer unvorhersehbar und unstet. Erst im Fortgeschrittenenstadium der Antikörperbildung, d.h. erfahrungsgemäß im Alter zwischen2 - 3 Jahren wechseln die Stimmungsschwankungen zu einer konstant manifesten Verhaltensauffälligkeit. Zu beachten gilt, dass ein Nachweis von Antikörpern nicht immer erfolgen kann, insbesondere im fortgeschrittenen Alter nimmt die Zahl zirkulierender Antikörper bis unter die Nachweisgrenze ab. Folglich ist ein Nachweis der Antikörper im jugendlichen Alter sinnvoll, eine unterstützende Medikation ggf. erst nach der sozialen Reife des Tieres möglich.


Tablettengabe bei Antikörpernachweis

Sind bei einem verhaltensauffälligen Hund Antikörper nachgewiesen und sind die entsprechenden Schilddrüsenparameter im unteren Drittel, kann eine Substitution mit dem Schilddrüsenhormon Thyroxin angedacht werden. Dabei gilt es folgendes zu beachten:

Das Schilddrüsenhormon wird in den Follikeln des Schilddrüsengewebes gespeichert. Im Blut zirkulierende Antikörper können das Schilddrüsengewebe angreifen und zerstören. Dabei kommt es zur Ausschüttung der gespeicherten Hormone in größeren Mengen. Das geschieht unvorhersehbar und pulsatorisch, d.h. von Zeit zu Zeit in unterschiedlich großen Schüben. Eine Blutuntersuchung stellt eine Momentaufnahme dar. Bis zum Zeitpunkt der Diagnose und der Hormongabe kann bereits eine andere Situation im Blut und im Gewebe vorliegen und eine extern zugefügte Hormongabe bewirkt bei gleichzeitiger Follikelzerstörung eine "scheinbare Überfunktion". Oft wird dann die Therapie als gescheiter gewertet und abgebrochen. Die pulsatorische Ausschüttung scheint einige Zeit anzuhalten. Es sind dabei im Verhalten die genannten "Stimmungsschwankungen" und Angstschübe zu beobachten. Kommt das Gewebe zum vollständigen Erliegen (= es liegen keine oder nur noch wenige Follikel mit gespeicherten Hormonen vor, dass von Antikörpern angegriffen und zerstört werden kann), bleiben die Auswirkungen auf das Verhalten konstant und der Hund kann auf Thyroxin eingestellt werden.


Verhaltenstherapie

Eine Verhaltenstherapie soll dem Tier die Angst nehmen. Sie besteht aus mehreren Therapiebausteinen: Eine Verhaltensmodifikation durch Gegenkonditionierung, einige Managementmaßnahmen zur Unterstützung des Wohlbefindens im Allgemeinen und im Training sowie ggf. eine Medikation zur Stressreduzierung oder vollständigen Anxiolyse.

Eine Verhaltensmodifikation kann durch eine gezielte CD-Therapie mit Gegenkonditionierung des Problemreizes erfolgen. Bei der Gegenkonditionierung wird dabei ein negativ empfundener Reiz mit einem positiven Reiz gekoppelt (d.h. auf den negativen Reiz erfolgt innerhalb einer Sekunde eine Futtergabe solange der negative Reiz anhält). Wichtig ist, dass der positive Reiz den negativen deutlich überwiegt! Die Lautstärke wird dabei zunächst sehr gering gehalten und steigert sich abhängig vom Verhalten des Hundes in kleinen angemessenen Schritten. Ziel des CD-Trainings ist es beim Hund eine Lautstärkentoleranz in Bezug auf den Reiz zu bewirken. Ist diese Lautstärkentoleranz bis zu 85 dB erreicht, kann ein Transfer in eine reale Situation > 85 dB erfolgen.

Oft werden die erreichten Therapieschritte mit dem CD-Training bereits beendet, da der Hund bereits deutlich ruhigeres Verhalten bei Reizexposition beweist und der Leidensdruck beim Halter stark abnimmt.




Der gleiche Bearded Collie und sein Therapieerfolg.


Therapie & häufige Fehler

Eine erfolgreiche Therapie der Geräuschangst steht und fällt wie jede andere Verhaltensmodifikation mit der Motivation der Besitzer und einer angemessenen Betreuung durch einen Verhaltenstherapeuten. Den unten genannten Fehlerquellen ist daher besondere Beachtung geboten.

A) Gesteigerte Lautstärke bis der Hund reagiert

Oft wird die Lautstärke der CD zu laut eingestellt. Beim CD- Training ist es Ziel, den Hund in kleinen Schritten für neutrales Verhalten gegenüber einem Geräuschreiz bis zu 85 dB zu belohnen. Irrtümlicherweise wird beim CD-Training die Lautstärker oft zu hoch eingestellt, sodass der Hund bereits reagiert und aufgrund der gesteigerten Aufregung nicht mehr mit Futter belohnbar ist. Im Training ist es wichtig den Hund für "nicht-reagieren" bzw. neutrales Verhalten zu belohnen, daher sollte die Lautstärke angemessen in kleinen Schritten gewählt und umsichtig von Trainingseinheit zu Trainingseinheit gesteigert werden.

B) Abbruch des CD-Trainings, da der Hund angeblich nicht reagiert:

Reagiert der Hund nicht auf die CD können zwei Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. Erstens der Hund zeigt keine offensichtliche Reaktion und verhält sich tatsächlich neutral gegenüber dem Reiz. Eine positive Konditionierung des auditiven Reizes ist in diesem Fall umso leichter und sollte schnell vorangetrieben werden, damit baldmöglichst ein positiver Reflex auf Reize entsteht und ein Transfer des Trainings in eine reale Situation zu schaffen. Zweitens der Hund reagiert nicht offensichtlich auf den Reiz, verändert oder verweigert aber die Futteraufnahme. Hierbei ist das Tier bereits gestresst und es findet eine Umkonditionierung der Futtertube statt, bei der das Futter den negativen Reiz ankündigt und daher verweigert wird.


Schritt für Schritt ...

Die CD-Therapie mittels Gegenkonditionierung ermöglicht ein Heranführen an eine Problemsituation in kleinen Schritten, die das Tier leicht absolvieren kann. Reagiert der Hund bereits auf kleinste Lautstärken, muss ein Training mit einem neutralen Geräuschreiz erfolgen. Das Tier lernt zunächst die Trainingssituation kennen. Ist es emotional stabilisiert, kann das eigentliche Training mit dem Problemgeräusch erfolgen.

Damit die menschliche Erwartungshaltung das Tier im Training nicht überfordert, gilt generell: "Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein großer für Ihr Tier".


Fazit

Der Bearded Collie ist sehr schreckhaft bei akustischen Stimuli, die Reaktionen sind vielseitig und unterschiedlich intensiv. Die Tiere lernen schnell und neigen zur Generalisierung auf unterschiedliche Reize.

Eine adäquate Verhaltenstherapie und eine Beobachtung der Schilddrüse sind angeraten, um das Individuum in seinen Reaktionen zu unterstützen. Bei Bedarf kann eine Substitution mit Thyroxin positive Auswirkungen auf die Geräuschempfindlichkeit beim Bearded Collie zeigen.

Weitere Untersuchungen wären sehr interessant, um festzustellen, ob Veränderungen der Neurotransmitter oder Anomalien in der Gehirnstruktur an den intensiv phobischen Reaktionen und der schnellen Generalisierung der Geräuschempfindlichkeit beteiligt sind.


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Der berüchtigte Fehlerteufel

Leider hat sich in dieser Dissertation der Fehlerteufel eingeschlichen. Bitte berücksichtigen sie auf:

S. 46 heisst es selbstverständlich mcg statt mg

...Die Dosierung der Tabletten erfolgte nach Verhaltensäußerung. Begonnen wurde die Gabe des Prüfpräparates mit Tablette (50 mcg) morgens und abends für drei Tage, dann erfolgte eine Steigerung auf Tablette (100 mcg) morgens und abends für drei Tage, Tabletten (150 mcg) morgens und abends usw. für jeweils drei Tage bis die Wirkdosierung erreicht war...

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Zusammenfassung

Ziel der Studie war es festzustellen, welche der drei Verhaltenstherapiemethoden Desensibilisierung (DS), Gegenkonditionierung (engl. Counterconditioning, CC) oder die Kombination von Desensibilisierung und Gegenkonditionierung (DSCC) nach drei Monaten den größten Therapieerfolg bei geräuschempfindlichen Bearded Collies hatte. Zusätzlich sollte ermittelt werden, ob ein Zusammenhang zwischen Geräuschempfindlichkeit und erniedrigten Schilddrüsenhormonwerten (mit und ohne klinische Anzeichen einer Hypothyreose) besteht. Lagen erniedrigte Schilddrüsenwerte vor, wurde untersucht, ob der Einsatz von Thyroxin oder Placebo zusätzlich zur Verhaltenstherapie bei Bearded Collies mit Geräuschempfindlichkeit und erniedrigten Schilddrüsenhormonwerten einen nennenswerten Beitrag zu einem größeren Therapieerfolg leistete. Insgesamt wurden 93 Serumproben von 96 geräuschempfindlichen Hunden der Rasse Bearded Collie eingesandt und am Lehrstuhl für Tierschutz, Verhaltenskunde, Tierhygiene und Tierhaltung des Veterinärwissenschaftlichen Departments der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München analysiert.

Für die Untersuchung des Therapieerfolges wurde bei 53 Hunden eine Geräuschprovokation vor und nach einer dreimonatigen Behandlung (Verhaltenstherapie und Prüfpräparatgabe mit dem Verum Thyroxin oder Placebo) vorgenommen. Das dabei gezeigte Ausdrucksverhalten wurde für die Analyse und die Beurteilung des Therapieerfolges als Zielgröße Befinden kategorisiert und anschließend mit einen Score von 1 bis 4 bewertet. Ebenso wurden die Zielgrößen Lautstärke, Herz- und Atemfrequenz gemessen sowie die Zeit, die die Hunde benötigten, bis sie sich nach der Geräuschexposition wieder beruhigt hatten (Beruhigungszeit).

Fasst man die Verbesserungen nach der Verhaltenstherapie und Prüfpräparatgabe zusammen, haben sich insgesamt 62% (33) der 53 Hunde im Befinden verbessert. Die Beruhigungszeitverkürzte sich bei insgesamt 59% (31) der Tiere. Die Toleranz gegenüber der Geräusch-Lautstärke nahm zu, während die Werte der Herz- und Atemfrequenz signifikant abnahmen. Die höhere Lautstärke sprach für einen Therapieerfolg, was auch die signifikant niedrige Atemfrequenz (p < 0,001) vermuten ließ. Die Veränderung der Herzfrequenz zeigte einen signifikanten Unterschied (p = 0,006) im Vorher-Nachher-Vergleich. Sie war insgesamt niedrig und stieg trotz künstlich erzeugter Erregung nie deutlich an.

Des Weiteren wurde der Einfluss der Verhaltenstherapie und der Prüfpräparatgabe auf die Zielvariablen untersucht.

Hierbei stellte sich heraus, dass die Bearded Collies der Verhaltenstherapiegruppe DS den größten Erfolg in Befinden, Beruhigung und Lautstärke (p = 0,0559) erzielten. Die Gruppe DSCC gefolgt von der Gruppe DS erzielten bei der Messung der Herzfrequenz die besten Ergebnisse (p = 0,3373). Die Gruppe CC wies eine Zunahme der Herzfrequenz auf, hatte aber bei der Atemfrequenz (p = 0,5166) die niedrigsten Werte erreicht. Insgesamt kann gesagt werden, dass die Gruppe DS den größten Therapieerfolg aufwies. Die Unterschiede zwischen den Verhaltenstherapiegruppen waren jedoch nicht signifikant.

Die Gabe des Prüfpräparates mit dem Wirkstoff Thyroxin bewirkte im Mittel eine größere Verbesserung des Befindens und der Lautstärke. Hinsichtlich der Beruhigungszeit verbesserten sich mehr Hunde des Prüfpräparats Placebo (p = 0,1563). Die Herzfrequenz beider Gruppen war im Mittel minimal gesunken, jedoch konnte anhand einer einfaktoriellen Varianzanalyse, dem t-Test (FAHRMEIR et al., 2004), keine signifikanten Unterschiede zwischen der Gabe des Verums Thyroxin und Placebo gefunden werden (p = 0,8649). Insgesamt konnten unter der Gabe von Thyroxin mehr Verbesserungen (Befinden und Lautstärke) bei den geräuschängstlichen Hunden ausgemacht werden als bei einer Placebogabe. Jedoch sind diese Verbesserungen statistisch nicht signifikant.

Die Ergebnisse in dieser Studie zeigen, dass die Geräuschempfindlichkeit beim Bearded Collie im Zusammenhang mit niedrigen Schilddrüsenwerten und hohen Cholesterol-Werten steht. Das gehäufte Vorkommen von Antikörpern (51%) bestärkt diese Annahme. Zu bedenken ist, dass erniedrigte Schilddrüsenparameter aufgrund einer Vielzahl an anderen Einflüssen vorkommen können. Zudem wird die Veranlagung für die Bildung von Antikörpern u.a. genetisch weitergegeben oder durch massiven Stress ausgelöst. Eine sorgfältige Auswahl stressresistenter Tiere bei Verpaarungen ist daher sinnvoll und ein jährlicher Test auf Antikörper bei Zuchthunden ratsam.

Obwohl die Untersuchung auf eine Rasse konzentriert war, können die Therapiemaßnahmen dieser Studie als Leitfaden für eine optimale Verhaltensberatung bei geräuschempfindlichen Hunden dienen. Die niedrigen Schilddrüsenparameter mit Werten im unteren Drittel des Referenzbereiches sowie das gehäufte Vorkommen von Antikörpern verdeutlichen, dass eine Berücksichtigung der Schilddrüsenwerte und eine fachkundige Beurteilung der Organfunktion notwendig sind, um eine optimale Behandlung der Geräuschempfindlichkeit bei der Rasse Bearded Collie zu erreichen. Für einen Therapieversuch mit Thyroxin sprechen die Veränderungen nach einer erfolgreichen Verhaltenstherapie. Allerdings sind weitere Untersuchungen notwendig.


Danksagungen

An erster Stelle bedanke ich mich herzlich bei Herrn Prof. Dr. Dr. Michael Erhard für die Bewilligung des Dissertationsthemas und seine stets freundliche Unterstützung. Bei Frau Dr. Angela Bartels bedanke ich mich herzlich für Ihre Betreuung und Unterstützung, die Gespräche und ihre Anregungen sowie für die Korrektur der Dissertation.

Den vielen Bearded Collie-Besitzerinnen und -Besitzern danke ich für die motivierte und beherzte Teilnahme. Für ihre fleißige Unterstützung meiner Studie und die Überlassung einiger interessanter Bilder bin ich ihnen sehr dankbar.

Den praktizierenden Tierärzten/innen danke ich für die sorgfältigen Blutabnahmen und den vielen Einsendungen der Blutproben.

Dr. Jon Bowen möchte ich für die freundliche Überlassung der SoundsScary-CD (www.soundtherapy4pets.com) bedanken, ohne die eine Verhaltensmodifikation mittels CD nicht möglich gewesen wäre.

Der Firma Albrecht danke ich herzlich für die Bereitstellung der Tabletten Forthyron 200 mit dem Wirkstoff Thyroxin und den entsprechenden Placebotabletten.

Frau Eva-Maria Krämer möchte ich für die liebe volle Unterstützung durch Ihre Zeitschrift Beardie-Revue danken, mit der ein rasches Ansprechen vieler Besitzer geräuschempfindlicher Bearded Collies möglich wurde.

Meiner Familie danke ich für Ihre liebevolle Unterstützung, die vielen Hundespaziergänge, das stete Antreiben und die vielen Stunden, die sie aufbrachten, damit diese Arbeit gelingen konnte. Insbesondere meinen Eltern möchte ich für die finanzielle Unterstützung herzlichst danken, ohne die eine Verhaltensberatung bei den Hundebesitzern vor Ort nicht möglich gewesen wäre. Des Weiteren danke ich von ganzen Herzen meinem Verlobten Ingo Schäfer für das Verständnis, sein Engagement und die vielen Stunden, die er mir mit Rat und Tat und einer Portion Humor zur Seite stand.

Des Weiteren möchte ich mich noch bei allen anderen bedanken, die, auf welche Art und Weise auch immer, zum Gelingen dieser Dissertation beigetragen haben.

Zu guter Letzt danke ich meinen Bearded Collie Hündinnen Memory und Scrabble, ohne die ich gar nicht erst auf die Idee zu dieser Arbeit gekommen wäre.



Häufig gestellte Frage ...

Eine häufig gestellte Frage betrifft die Kastration und ihre Auswirkungen auf die Geräuschempfindlichkeit.


Generell bei verhaltensauffälligen Hunden gilt:

Hunde, die bereits vor der Sexualreife im Wesen unsicher sind, werden mit den Hormonen selbstbewusster und wesenssicherer.
Diese Tiere sollten keinesfalls kastriert werden!

Hunde, die vor der Sexualreife im Wesen unauffällig sind können sich unter der Hormonweinwirkung im Wesen verschlechtern, meist werden sie unsicherer und reaktiver auf akustische und visuelle Reize.

Um sicher zu gehen, dass sich eine Kastration nicht negativ auf das Wesen des Hundes auswirkt, empfehle ich einen vorherigen Test mittels chemischer Kastration (=beispielsweise per Chip) sowie eine Verhaltensanalyse vor und nach chemischer Kastration durch einen verhaltenstherapeutisch tätigen Tierarzt.

Grundsätzlich gilt, dass eine chirurgische Kastration eine Amputation nach TschG 6 darstellt und nicht ohne vernünftigen Grund erfolgen darf.



Quellen zu den persönlichen Erfahrungen

AMO DEL C, MAHNKE K (2007). Geräuschangst bei Hund und Katze - Ursachen, Prophylaxe- und Therapiemaßnahmen. ATF-Fortbildung, 28. November 2007.

ARONSON LP (2002). Thyroid Testing. In: Cook, Sedgwick, Sell, Walkowicz (eds). The Official Newsletter of the Bearded Collie Foundation for Health, Vol. 2 Issue 2, August, 2002: 2-3.

ARONSON LP, DODDS WJ (2005). The Effect of Hypothyroid Function on Canine Behavior. In: Mills, Levine, Landsberg, Horwitz, Duxbury, Mertens, Meyer, Huntley, Reich, Wilard (eds.). Current Issues and Research in Veterinary Behavioral Medicine. Purdue University Press 2005, West Lafayette: 131-137. ISBN 987-1-55753-409-5.

BERNAUER-MÜNZ H (2009). Schilddrüsenimbalanz als Ursache für Verhaltens-probleme: Zwei Fallbeispiele mit unterschiedlichen Therapieansätzen. In: Tierärztliche Umschau, 2009, 64: 547-554.

DODDS WJ (2011)2. Thyroid Disease and Autoimmune Thyroiditis. http://www.kerryblues.info/HEALTH/THYROIDITIS.HTML, (Datum des Zugriffs; 09.01.2011).

GAUHAN KR, BRYETTE DS (2001). Thyroid funktion testing in greyhounds. In: American Journal of Veterinary Research, 2001, 62: 1130-1133.

GUNARATNAM P (1986). The Effects of Thyroxine on hair growth in the dog. In: Journal of Small Animal Practice, BSAVA, 1986, 27: 17-29.

HAMILTON ANDREWS S, McBRIDE A, BROWN I (1998). Canine Hypothyroidism and aberrant behavior. MSc dissertation Hamilton Andrews S, University of Southhampton New College, UK.

MAHNKE K (2007). Schilddrüse und Verhalten. In: Fachpraxis, 2007, 51.

PANAKOVA L, KOCH H, KOLB S, MUELLER RS (2008). Thyroid testing in Sloughis. In: Journal of Veterinary Internal Medicine, Blackwell Publishing Ltd., 2008, 22: 1144-1148.

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SEYDEL S (2007). Stress und Schilddrüsenunterfunktion beim Hund in der Tierverhaltenstherapie. In: Tierärztliche Umschau, 2007, 62: 374-376.

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